Unstimmigkeiten und Fehler in der Nebenkostenabrechnung führen immer wieder zu Gerichtsverfahren und damit auch zu Urteilen. Im Folgenden eine Sammlung wichtiger Gerichtsentscheidungen rund um die Nebenkostenabrechnung.
Vertragsgrundlagen für die Betriebskostenabrechnung
- Sind in einem Formularmietvertrag nur die Heizungs- und Warmwasserkosten als zu tragende Nebenkosten aufgeführt, muss der Mieter die weiteren Betriebskosten auch dann nicht tragen, wenn eine monatliche Nebenkostenvorauszahlung vereinbart wurde. In der Nebenkostenabrechnung können die Abschlagszahlungen nur für die Heizungs- und Warmwasserkosten umgelegt werden (Urteil LG Saarbrücken vom 18.01.2019, Aktenzeichen 10 S 53/18, WUM 2019, Seite 254).
- Der Vermieter muss dem Mieter eine Kostenaufstellung über Betriebskosten, die der Mieter als haushaltsnahe Dienstleistung von der Steuer absetzen kann (§ 35a Einkommenssteuergesetz), unentgeltlich zur Verfügung stellen. (AG Chemnitz vom 28.08.2018, Aktenzeichen 20 C 168/18, WUM 2018, 721).
- Eine einfache und unkommentierte Weiterreichung der WEG-Hausgeldabrechnung der gemieteten Eigentumswohnung an den Mieter reicht als Nebenkostenabrechnung nicht aus. (AG Berlin-Mitte vom 14.10.2014, Aktenzeichen 14 C 496/13 in WM 2015, Seite 158).
Erhöhung der Betriebskosten
- Auch wenn sich einzelne Betriebskosten im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 10% erhöht haben, muss der Mieter beweisen, dass der Vermieter gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat (LG Berlin, Hinweisbeschluss vom 17.08.2017, Aktenzeichen: 67 S 190/17 in WuM 2017, Seite 714).
- Sind die Verbrauchswerte für den Mieter nicht nachvollziehbar, hat der Vermieter keinen Anspruch auf eine Nachzahlung bzw. die Anpassung der Betriebskosten (AG Köln, Urteil vom 17.06.2011, Aktenzeichen 208 C 629/09 in WM 2014, Seite 233).
- Der Vermieter darf die Kosten der Leitungswasser- und Sturmversicherung als neu entstandene Betriebskosten umlegen, wenn eine Umlage von Versicherungskosten im Mietvertrag grundsätzlich vereinbart ist (LG Frankfurt/M., Urteil vom 31.01.1997 – 2/17 S 295/96,WM 99, 46).
Verteilerschlüssel
- Ist die Miete für eine Wohnung nach der Wohnfläche preisgebunden, muss für die Umlage der Betriebskosten die tatsächliche Wohnfläche verwendet werden. Bei der Wohnflächenermittlung spielen öffentlich-rechtliche Nutzungsbeschränkungen keine Rolle, wenn die Nutzbarkeit nicht durch eine Behörde eingeschränkt ist (BGH Urteil vom 16.01.2019, Aktenzeichen VIII ZR 173/17, WM 2019, Seite 144).
- Wird als Verteilerschlüssel die Abrechnung nach Personenmonaten verwendet, muss der Vermieter für als Lagerraum genutzte Wohnungen mindestens eine Person ansetzen. Ist als Umlageschlüssel für Betriebskosten die Abrechnung nach Personenmonaten vereinbart, so muss der Vermieter auch für Wohnungen, die von Mietern lediglich als Lagerraum genutzt werden, als Schlüsselwert (mindestens) eine Person ansetzen. Davon unabhängig ist, ob im Mietverhältnis zu diesem Mieter ein Recht zur Betriebskostenumlage vereinbart ist. Weiterhin sind auch Kleinstkinder und Neugeborene als Personen zu berücksichtigen (AG Saarbrücken, Urteil vom 14.03.2018, AZ.: 3 C 129/17, WuM 2018, 428).
- Steht ein Gebäude zu 68% leer, führt die Verteilung von Heiz- und Warmwasserkosten nach einem Maßstab von 40% Grundkosten und 60% Verbrauchskosten zu einer grob unbilligen Benachteiligung des Mieters. In diesem Fall hat der Mieter einen Anspruch auf eine Anpassung des Verteilungsmaßstabs (AG Arnstadt, Zweistelle Ilmenau, Urteil vom 23.02.2017, Az. 1 C 156/16, WUM 2017, S. 208).
Vermieterwechsel
- Kauft ein neuer Vermieter ein Grundstück und ist der Mietvertrag mit dem Mieter bereits beendet, tritt der neue Vermieter nicht in die Rechte und Pflichten des bisherigen Vermieters ein. Dieser ist nach wie vor für die Nebenkostenabrechnung zuständig (BGH Urteil vom 04.04.2007, WM 2007, S. 267, Az. VIII ZR 219/06).
- Verkauft ein Vermieter in der laufenden Abrechnungsperiode das Grundstück, muss er nicht über die Vorauszahlungen abrechnen, die der Mieter an ihn geleistet hat (AG Coesfeld, Urteil vom 22.05.1992 – 6 C 44/92, WM 92, 379).
- Wechselt die Person des Vermieters während einer Abrechnungsperiode, so muss der neue Vermieter über die gesamte Verbrauchsperiode und die während dieser Zeit geleisteten Betriebskostenvorauszahlungen abrechnen (AG Hamburg, Urteil vom 16.04.1992 – 48 C 1192/91, WM 92, 380).
Einsicht in die Abrechnungsunterlagen
- Der Mieter hat einen Anspruch darauf, dass der Vermieter auch Verträge mit Dritten offenlegt, wenn diese für die sachgerechte Überprüfung der Nebenkostenabrechnung und zur Vorbereitung etwaiger Einwendungen gegen die Nebenkostenabrechnung gemäß § 556 Abs. 3 Satz 5 und 6 BGB erforderlich sind (AG Bremen, Urteil vom 18.07.2019, Aktenzeichen: 10 C 221/19, in Kurzfassung in WUM 2019, Seite 607 unter Hinweis auf BGH-Beschluss vom 22.11.2011, Aktenzeichen: VIII ZR 38/11).
- Der Vermieter darf die Betriebskosten gegenüber dem Mieter teils nach dem Abfluss- und teils nach dem Leistungsprinzip abrechnen. Der Mieter hat nicht nur den Anspruch, Rechnungen einzusehen. Auch Zahlungsbelege muss der Vermieter vorlegen (LG Berlin, Urteil vom 13.02.2019, Aktenzeichen: 65 S 196/18, in WUM 2019, Seite 377).
- Der Mieter darf auch Einsichtnahme in die Einzelverbrauchsdaten anderer Mieter nehmen, wenn dies zur Prüfung der Betriebskostenabrechnung erforderlich ist. Begründen muss er dies nicht extra. Verweigert der Vermieter die Vorlage, muss der Mieter keine Nachzahlungen leisten (BGH vom 07.02.2018, AZ.: VIII ZR 189/17 in WuM 2018, 288 ff).
Korrektur der Betriebskostenabrechnung
- Enthält die Nebenkostenabrechnung eindeutig ersichtliche Abrechnungsfehler, hat der Mieter keinen Anspruch auf die Auszahlung eines Guthabens aus der Nebenkostenabrechnung (LG Berlin, Urteil vom 20.11.2013, Aktenzeichen 65 S 152/13 in WM 2014, Seite 109).
- Wird in der Nebenkostenabrechnung nicht deutlich, dass der Vermieter Sollvorschüsse statt der tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen einsetzt, darf er die nicht geleisteten Vorauszahlungen nach Ablauf der Abrechnungsfrist nicht mehr verlangen (Landgericht Krefeld, Beschluss vom 10.11.2010, Aktenzeichen 2 S 34/10, WuM 2011, Seite 368).
- Eine Wärmekostenabrechnung enthält Formfehler, wenn Rechenschritte fehlen und die Abrechnung damit nicht nachvollziehbar ist. (LG Itzehoe, Urteil vom 24.09.2010, Aktenzeichen 9 S 65/09, Revision wurde zugelassen, VIII ZR 270/10, WuM 2011, Seite 17).
Fristen rund um die Nebenkostenabrechnung
- Korrigiert der Vermieter kurz nach der Abrechnungsfrist ein Versehen, das zu falschen Ergebnissen führt und ist dieses Versehen für den Mieter offensichtlich, darf dieser nicht an der abgelaufenen Abrechnungsfrist festhalten (BGH, Urteil vom 30.03.2011, Aktenzeichen VIII ZR 133/10)
- Die Frist aus dem § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB bei einem Einwurf in den privaten Briefkasten an Silvester bis 18 Uhr ist eingehalten. Hier ist zu berücksichtigen, dass auch mit Zustellungen durch die Post oder deren Konkurrenzunternehmen nicht mehr nur vormittags zu rechnen ist (LG Hamburg, Urteil vom 02.05.2017, Az. 316 S 77/16, WUM 2017 S. 464).
- Hat der Vermieter die Betriebskostenarten versehentlich falsch bezeichnet und stellt er dies erst nach Ablauf der Abrechnungsfrist nach § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB fest, muss der Mieter auch dann, wenn die Nebenkostenabrechnung formell richtig ist, keine Nachforderung begleichen (AG Lüdenscheid, Urteil vom 15.05.2014, Aktenzeichen 92 C 41/13 in WM 2014, Seite 421).
Fälligkeit der Abrechnung
- Der Mieter darf in einem angemessenen Zeitraum die Nebenkostenabrechnung prüfen. Bevor dieser Zeitraum abgelaufen ist, kann der Vermieter seine Ansprüche nicht durchsetzen (AG Sinzig, Urteil vom 30.10.2007, Az. 7 C 624/07) WUM 2008, 86 f).
- Der Mieter ist nicht verpflichtet, die Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung ohne vorherige Prüfung der Abrechnung durch Mieterverein oder Rechtsanwalt zu bezahlen. Zur Prüfung steht ihm ein Monat Zeit zu (AG Gelsenkirchen-Buer, Urteil vom 12.10.1992 – 9 C 625/92) WM 94, 549).
Die vielen Urteile rund um die Nebenkostenabrechnung betreffen Sonderfälle und geben Ihnen wichtige Anhaltspunkte, wann Mieter Nachzahlungen leisten müssen oder auch zurückhalten dürfen. Allerdings ist für den Laien nicht immer leicht zu erkennen, ob ein Urteil auch auf seinen speziellen Fall zutrifft. Deshalb empfiehlt es sich, sich mit einem Rechtsanwalt zu beraten oder den Mieterverein einzuschalten.
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